Gedichte des Monats (2019) |
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Veggie-Wrap (Januar 2019)
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Helga (H) und Erna
(E) im Zwiegespräch |
H: |
„Hey Erna, machst Du mal
'n Veggie-Wrap?” |
E: |
„Wer will denn so
was?” |
H: |
„Na der Typ da mit dem
Baseball-Cap.” |
E: |
„So ohne Wurst und ohne
Schinken und womöglich ohne Ei?” |
H: |
„Halt so 'n Veggie-Wrap
aus unsrer schönen Bahnhofsbäckerei.” |
E: |
„Ich selber ess ja |
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wirklich selten Fleisch |
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und auch mit Blick auf andre
Fleischeslüste |
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bleib ich meist keusch.” |
H: |
„Woran nur das wohl
liegt? |
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Warum Enthaltung siegt?” |
E: |
„Ja, ich weiß auch
nicht, warum keiner von den |
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Kerls auf mich fliegt.” |
H: |
„Ich esse gar kein Tier |
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und eines sag ich dir: |
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als Vegetarier gerätst du |
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auch mal schnell ins
Visier.” |
E: |
„Und isst du manchmal
Fisch?” |
H: |
„Kommt nicht auf meinen
Tisch!” |
E: |
„Dabei ist Fisch doch so
gesund, |
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den gibt‘s bei Nordsee
ganz frisch.” |
H: |
„Ach Erna, mach jetzt
mal den Veggie-Wrap!” |
E: |
„Warum denn ich
jetzt?” |
H: |
„Weil ich schau mal kurz
was auf WhatsApp.” |
E: |
„Ok, dann mach ich was
mit Gurke, Zwiebel, allerdings dazu |
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kommt nix vom Schwein, auch
nix vom Huhn und und höchstens Milch von einer
Kuh.” |
H: |
„Bei mir steht auf dem
Plan, |
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ich werde ganz vegan. |
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Jedweder Lederfummel |
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wirft mich momentan aus der
Bahn.” |
E: |
„Ich glaub, das
könnt’ ich nicht, |
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so ein Totalverzicht. |
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Ein bisschen Käse |
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und Salami fällt doch
kaum ins Gewicht.” |
H: |
„Wenn nur die
Gummibären |
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ohne Schwarte
wären.” |
E: |
„Was soll das denn
heißen, |
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das musst du mir mal
erklären.” |
H: |
„Na, die regulären |
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bunten Gummibären |
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sind zum Teil aus
Schweineschwarten, |
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aber keinen fairen.” |
E: |
„Ach Helga, was kommt in
den Veggie-Wrap?” |
H: |
„Hast du‘s
vergessen?” |
E: |
„Ja, ich hab doch dieses
Handycap. |
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Ich kann mir Sachen so
schlecht merken und ’nen Wrap mach ich nicht
oft. |
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Und dieser Typ mit
Baseball-Cappy kam jetzt eher unverhofft.” |
H: |
„Schneid mal Tomate auf |
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und tu auch Pilze
drauf.” |
E: |
„Das sind doch
Lebewesen, |
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nimmst du da den Mord in
Kauf?” |
H: |
„Mann wovon reden wir, |
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ein Pilz ist doch kein
Tier.” |
E: |
„Aber ‘ne Pflanze
ist es auch nicht |
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glaube ich (klick mal hier).”
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H: |
„Das war mir noch nicht
klar, |
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aber ich ess’ sogar |
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manchmal von Bienen Honig, |
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meinst du, das ist
hinnehmbar?” |
E: |
„Du meinst, ein Land
verdrießt, |
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wo Milch und Honig
fließt? |
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Man kriegt die meisten, auch
Veganer, |
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wenn man Bier
eingießt.” |
H: |
„Mensch Erna,
gibt‘s jetzt bald den Veggie-Wrap.” |
E: |
„Der Typ mit Kappe ist
inzwischen weg. |
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Na so ein Depp. |
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Der isst jetzt sicher
Avocado-Sandwich gleich hier nebenan.” |
H: |
„Obwohl man das ja ohne
Schuldgefühle auch nicht essen kann.” |
Prolog:
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E: |
„Der Typ ist wieder da
und will ’nen Wrap ganz ohne CO zwei.” |
H: |
„Der soll die Luft
anhalten, hier in unsrer Bahnhofsbäckerei!” |
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Der Rücken (Februar 2019)
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Ein Rücken kann entzücken,
Ich zucke ganz entrückt.
Zum Glück aus freien Stücken
bin ich ruckzuck beglückt.
Ich muss auf Rücken gucken,
weil es – verrückt – mich juckt.
Fast muss ich mich verschlucken:
ein Rückgrat, wie gedruckt.
Ein Rücken hat auch Lücken,
doch da ist er bestückt
mit Scheiben, die beim Bücken
der Druck zusammendrückt.
Sich bücken heißt sich ducken,
und wenn der Rücken muckt
beim Pflücken durch ein Rucken
hat mancher schon gespuckt.
Kein Buckel, keine Krücken,
kein Kropf macht mich bedrückt.
Mich stört nur, ist ein Rücken
mit Arschgeweih „geschmückt”.
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Oskar und
das Hundeklo (März 2019)
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Vor circa einer Stunde so,
da suchte ich ein Hundeklo.
Nur leider gab‘s für mich vor Ort
dort keinen passenden Abort.
Es gab nur einen Wiesenrand,
die Freude, dass ich diesen fand,
war groß, genau wie mein Geschäft:
Gebückt, gedrückt – geschafft, gekläfft.
Mein Herrchen, ich war nicht allein,
packt immer eine Tüte ein
und hatte sie zum Glück parat
für meinen braunen Wurstsalat.
So war ich nach der Runde froh,
dass ich, auch ohne Hundeklo,
mit meinem Stuhlgang fertig war
und alles sauber blieb sogar.
Dass dies den Menschen wichtig ist
(die stört ja schon, wenn man mal pisst),
kann man bei jedem Gassigehn
auf wirklich tollen Schildern sehn.
Die Menschen stellen diese auf
und schreiben „Hund, nicht kacken!” drauf
(nur manchmal anders ausgedrückt,
mitunter nicht so ganz geglückt).
Es ist ja nun im Grunde so:
Fast nirgends gibt’s ein Hundeklo.
Ihr Menschen: Regelt das doch mal!
(Als Hund ist mir das scheißegal.)
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RheinPoesie (April 2019)
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Ein Dickhäuter klagte in Düsseldorf:
„Hey Tierpfleger, ich habe Rüsselschorf!
Ich brauch gute Pflege
in meinem Gehege,
sonst fühl ich mich unwohl in Düsseldorf.”
Der Tierpfleger aus Mönchengladbach
sprach: „Mein Job ist, dass ich dich satt mach.
Der Schorf von dem Rüssel
fällt bald in die Düssel,
da braucht's keine Pflege aus Gladbach.”
Da ging unser Grautier nach Kölle.
„Die Zeit auf der Kö war die Hölle,
nur Reiche und Schöne,
stattdessen gewöhne
ich mich an die Domstadt zu Kölle.”
Ein Zirkusdirektor aus Bonn,
der fragte: „Was hast du davon
in Köln hier zu sein?
Komm mit mir hoch den Rhein,
es ist sehr viel entspannter in Bonn.”
Das Rüsseltier – Heimat Nairobi –
sprach: „Ach, da gibt's höchstens 'nen OBI.
Doch als Elefant,
fühl ich fremd mich im Land
hier am Rhein, ich geh heim nach Nairobi.”
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(Mai 2019)
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Was heutzutage man auch tut,
man zollt der Floskel oft Tribut.
Gibt's da ein Beispiel? Absolut:
Man sagt andauernd „alles gut”.
Man kocht und putzt, kauft schnell was ein,
wäscht Wäsche, bügelt sie noch fein,
bringt alles kaum unter 'nen Hut.
Und trotzdem sagt man „alles gut”.
Ein Kind am Spielplatz, Sprung zu kurz,
fällt vom Gerüst, ein übler Sturz,
die Wunde klafft, das Knie voll Blut.
Kind hört vom Vater: „Alles gut?”
Ein Zeltplatz, kleine Feuersbrunst,
das Stockbrot-Backen, hohe Kunst.
Das Brot fällt mehrmals in die Glut,
man isst es trotzdem: „Alles gut!”.
Man geht zum Arzt, wird kontrolliert,
das Leid wird diagnostiziert.
Ob chronisch oder auch akut,
ist halb so schlimm, „wird alles gut”.
Beziehung nervt, andauernd Streit,
man will sich trennen, es wird Zeit,
doch im Gespräch verfliegt der Mut:
„Gibt's ein Problem?”, „Nein, alles
gut.”
Man geht zur Arbeit, plagt sich ab,
macht Überstunden nicht zu knapp.
Dann nur Kritik, man platzt vor Wut,
der Chef jedoch hört „alles gut”.
Kaum jemand allerdings vergisst,
dass selten „alles gut” nur ist.
Wer die zwei Worte hört, der weiß,
sehr oft ist alles auch ein Scheiß.
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Knoblauchsland (Juni 2019)
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Oh Knoblauchsland, Du riechst so gut,
besonders früh am Morgen.
Und wenn man eine Reise tut
zu dir, vertreibt das Sorgen.
Ich weiß auch, dass du lecker schmeckst,
dass Kohl und Lauch hier sprießen.
Und dass hier auch der Spargel wächst,
find' nicht nur ich zum Schießen.
In Klein- und Groß- und Schnepfenreuth,
in Tennen-, Bis- und Lohe
und Höfles wohnen Bauersleut
und allseits lebensfrohe.
Sie lieben dich, so wie auch ich,
du Land der vielen Knollen.
So sehr, dass alle eigentlich
dich nicht verlassen wollen.
Und geh' ich doch mal fort von dir,
bleibst du am Ende Sieger.
Denn schließlich land' ich wieder hier
bei dir (mit einem Flieger).
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Limericks aus Portugal (Juli 2019)
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Die Hauptstadt von Portugal? Lissabon!
Des is doch nix Neues, des wiss ma schon.
Und isst man Salat da?
Nein, Pastel
de Nata,
das isst man dort (nicht nur in Lissabon).
Ich ging mal in Vila do Conde
spazieren, mit mir eine blonde
Begleitung, und guckte
auf die Aquädukte,
sehr malerisch, Vila do Conde.
Ein Dichter schrieb über Coimbra:
„Es ist wirklich keineswegs schlimm da:
Die Uni ist nett
und das Zentrum adrett,
leider reimt sich fast nichts auf Coimbra.”
Ein Schriftsteller kam einst nach Braga
und schrieb eine epische Saga.
„Ich wünschte sie wär
noch dazu legendär”,
sprach er über die Saga aus Braga.
Ein Skatspieler reizte in Faro
sehr hoch, spielte aber nur Karo.
Die Gegner war'n leider
sehr schnell aus dem Schneider.
Verlor'n, überreizt und in Faro.
Ein Briefträger tat sich in Porto
sehr schwer mit Grammatik und Ortho-
graphie und so blieb er
allein. Niemals schrieb er
'nen Brief (aber sparte viel Porto).
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Seit ich dich kenne (August 2019)
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Nach einer fast wahren Geschichte (PDF mit Text und
Noten)
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(Refrain)
Seit ich dich kenne
hab' ich meistens Klopapier.
Seit ich dich kenne
trink' ich manchmal Weizenbier.
Seit ich dich kenne,
spüle ich fast täglich ab
Seit ich dich kenne
hältst Du mich voll auf Trab.
Seit ich dich kenne
saug' ich immer öfter Staub.
Seit ich dich kenne
mach' ich mit dir Cluburlaub.
Seit ich dich kenne
schreibe ich ein Liebeslied,
obwohl ich unlängst
dieses Genre noch mied.
(Refrain Ende)
Wir essen Sushi statt Döner
und leben gesund.
Mir scheint, du wirst immer schöner,
ich werd' leider nur rund.
Wir kaufen tolle Klamotten,
mitunter für mich.
Du hast fast keine Marotten,
deshalb schwärm' ich für dich.
Refrain
Wir hören Christina Stürmer
bei Aperol Spritz.
Im harten Kampf gegen Würmer
putz' im Klo ich den Sitz.
Und wenn ich mich brav rasiere,
zumal im Gesicht,
weiß ich, dass ich profitiere,
kratzig magst du es nicht.
Refrain
Ich habe Freunde, die sagen,
ich wär' ganz verrückt
nur wegen dir und sie fragen,
ob mich nicht was bedrückt.
Doch was soll mich schon bedrücken,
wenn ich bei dir bin.
Mein Ziel ist, dich zu beglücken,
du bist mein Hauptgewinn.
(Bridge)
Am Abend gehe ich zur Ruh'
und schließe meine Äuglein zu,
kurz später träum' ich schließlich noch
von meinem Einkaufszettel und was ich dann mittags für
Dich koch'.
(Bridge Ende)
Refrain
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Wieder nur vier Zeilen (September 2019)
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Um es mit Erhardt
(Heinz) zu sagen:
Vier
Zeilen sind gar nicht so leicht.
Gerade wenn an manchen Tagen
die Lust nicht mal zu zweien reicht.
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Teils gelogen (Oktober 2019)
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Ich sage gern ganz ehrlich:
„Ganz ehrlich” sag' ich gern.
Und mein' ich das ganz ehrlich?
Nein, nein, das läg' mir fern.
Nur sagt man „teils gelogen”
im Alltag eher nicht.
Weil's, auch wenn's ehrlich wäre,
mit Konventionen bricht.
Vielleicht fragt ihr jetzt „Ernsthaft?”
„Ja, ja, echt ohne Scheiß,
ganz sicher, ungelogen,
fürwahr und schwarz auf weiß!”
Denn, lasst uns offen sprechen:
die Floskel macht uns Mut.
Am Ende wird – ganz ehrlich –
auch wieder „alles gut”.
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Adventsgemetzel (November 2019)
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Oh Kuchen, leb! Weil du verdirbst
den Tag dir, wenn du einfach stirbst.
Mit Glühwein, Kaffee kommt dein Tod,
dein Schicksal teilt das Russisch Brot.
Und wem man noch das Leben nimmt?
Dem Stern aus Mandeln, Mehl und Zimt.
Verschlungen ist dein Leidensweg.
Ach, wenn ich's recht mir überleg',
mach ich dich mürbe mit Genuss,
wie schon den Spekulatius.
Bei Plätzchen kenn ich kein Pardon,
nicht für Makronen von Macron,
Und meiner Lüste Gipfel ist,
wenn man Vanille-Kipferl frisst.
Wird so ein Spitzbub plötzlich frech,
vernichte ich ein ganzes Blech.
Dass ich den Teig für Spritzgebäck
mir von den Fingerspitzen leck
will ich nicht leugnen, ich werd' hart
ist die Versuchung butterzart.
Epilog:
Falls es euch nicht gefallen hat,
was ich hier schrieb auf dieses Blatt,
dann trampelt ruhig auf mir herum –
nicht mal mit Stoll'n bringt mich das um.
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Otto Waalkes (Dezember 2019)
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O tto Walkes aus
Ostfriesland
T
ritt gern auf. Was niemand mies fand:
T
recker fahr'n mit Milz
und Föhn,
O
h, hat er die
Haare schön.
W
ild Zink und verlog'ne
Dänen,
A
berglaube führt zu Tränen.
A
ußer Friesisch kann er mehr noch,
L
ive auf Bayrisch
reizt ihn sehr. Doch
K
riegt Karl
Soost den Führerschein?
E
rst muss
S
usi Sorglos sein!
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