Gedichte des Monats (2003)
März: (ohne Titel)
April: “The Use of Farce is Justified!”
Mai: Reformidable!
Juni: Trockenzeit
Juli: Die Zeit ist heiß
August: Bedeutungsvoll
September: Virtuell
Oktober: Jahreszeiten
November: Midlife Crisis bei Einzelnen
Dezember: Advent

Ohne Titel (März 2003)
Manche schreiben gern Geschichten,
and're wiederum, die dichten.
Viele können Sprüche klopfen
mit Verlust von Malz und Hopfen.

Wenn man alles dies verbindet
und sich deshalb wiederfindet,
in den obigen vier Zeilen,
wird man sich nicht langeweilen.
“The Use of Farce is Justified!” (April 2003)
(aus dem US-Amerikanischen von Axel Horndasch)
Ich zieh' als Dichter in den Krieg,
weil ich schon viel zu lange schwieg,
den Fuß setz' ich nicht in den Sand,
stattdessen schreib' ich für mein Land.

Bereit bin ich für's Wortgefecht,
denn diese Sache ist gerecht,
entwaffnend meiner Worte Wahl,
sehr treffend, nie kollateral.

Der Feind, er sitzt im Frankenreich,
die Frösche sind doch viel zu weich!
Nun ist es wirklich an der Zeit,
dass man die Fritten dort befreit.

Und die Germanen: treuelos!
Was denken sich die Nazis bloß?
Der Kommunist stand vor der Tür,
und wer stand für sie g'rade? Wir!

Doch auch im Inn'ren wohnt der Feind,
als Hochschulgeist, der stets verneint,
der College-Boy, der nicht studiert,
nur raucht, womöglich inhaliert.

Mit Worten höchster Präzision
vertreibe ich das Böse schon.
Denn wenn es Euch auch widerstrebt:
der Feind ist tot, die Wüste lebt!

(Inspiriert vom Artikel ‘Vers bei Fuß’
im Feuilleton der SZ vom 20.03.2003)
Reformidable! (Mai 2003)
“Gesundheit” sagt man auch noch dann,
wenn man sie sich nicht leisten kann.
Und trotz Milliardenfehlbetrag
ein jeder seine Rente mag.
Zu Arbeit sagen viele bloß:
“Das war einmal, ich bin sie los.”
Und Pflegeklassen überall
sind leer, ein echter Pflegefall.

Die Konsequenzen sind enorm,
ein Modewort muss her: ‘Reform’!
Mit Attributen wie ‘Sozial-’,
‘Gesundheits-’, ‘Renten-’ ganz egal.
Dazu ‘Agenda Zwanzig Zehn’,
‘gerecht’, ‘verträglich’, das klingt schön.
Die Wortwahl ist gewonnen schon,
der Rest ist in der Diskussion.

“Das Wachstum ist das Glück allein
und hochprozentig muss es sein.
Mit ‘Null-’ und ‘Minus-’ vorne dran,
da fangen die Probleme an.
Im Frühjahr, achtet gut darauf,
die Absatzzahlen müssen rauf!”
So weise ist der Wirtschaft Rat:
wir brauchen Umsatz in die Tat.

Prognose hin, Prognose her,
dadurch wird weniger nicht mehr.
Am besten wäre wohl zur Zeit
ein wenig mehr Bescheidenheit.
Trockenzeit (Juni 2003)
Oft fehlt Zeit,
oft fehlt Rat.
Manchmal beides
in der Tat.

Der Gedanken Fluss
versiegt.
Woran das liegt?
Die Zeit ist heiß (Juli 2003)
Der Schweiß er rinnt dahin
im Wettlauf mit der Zeit,
wo immer ich auch bin,
die Hitze ist nicht weit.

Und hinter ihr der Stress,
er treibt mich vor sich her,
so dass ich fast vergess
wie's ohne beide wär.

Die Kühle kommt erst spät,
der Tag ist fast vorbei.
Die Kreativität
hinfort, der Kopf nicht frei.

Der Stift fällt aus der Hand,
die Seite ist noch leer,
benebelt der Verstand,
es reimt sich gar nichts mehr.
Bedeutungsvoll (August 2003)
Wenn einem Gutes widerfährt
und man sich so zu sagen traut,
dann ist das ein paar Zeilen wert,
auch wenn man dabei Reime klaut.

Es wird am ersten eins aus zwei,
doch eigentlich ist man zu dritt,
was das nun heißt ist einerlei,
bleibt einfach für den zweiten fit!

Der Autor gibt sich rätselhaft,
doch wird es leichter zu verstehn,
wenn man es bei ihm einmal schafft
den vierten Finger rechts zu sehn.
Virtuell (September 2003)
Seit ein paar Jahren braucht man schon
für flotte Kommunikation
Computer, Modem, Monitor.
Und es ist nichts mehr wie zuvor.

Der Brief im Kasten, er wird rar,
womöglich stirbt er ganz und gar,
denn es geht schneller digital:
die Bits und Bytes für ihn fatal.

Das Netz zu dem fast jeder strebt
ist fein gesponnen und verwebt,
weltweit zieht es in seinen Bann.
Information kommt eben an.

Nur manche Daten, wissen wir,
sind nicht geduldig wie Papier.
Ihr Name ist Programm zugleich
und da wird mancher Rechner weich.

Zum Beispiel schon ein kleiner Wurm
genügt: er nimmt das Netz im Sturm.
Dazu noch Viren aller Art,
dem Nutzer bleibt fast nichts erspart.

Auf Datenautobahnen Staus,
Computer fallen einfach aus.
Der Haken ist, es gibt kein Seil
beim Absturz, der ist jäh und steil.

Sich seiner Sache sicher sein
kann heutzutage man allein
per Briefpost, ganz konventionell.
Nur leider ist das nicht so schnell.
Jahreszeiten (Oktober 2003)
Schwarz ist Mode dieses Jahr.
Rot nicht mehr so wie es war.
Golden nur die Jahreszeit
und der Winter ist nicht weit.

Es wird kälter jetzt im Jahr.
Nach zwei Dritteln, das ist klar,
ist es Herbst, schon richtig kühl.
Ein ernüchterndes Gefühl.

Und die Hoffnung? Die ist grün.
Wann wird alles wieder blühn?
Das kann dauern, erst einmal
fällt das Laub, wird alles kahl.

Doch wir wissen ja, zum Glück
kommt der Frühling auch zurück.
Jahreszeiten kommen, gehn.
Nichts kann ewiglich bestehn.
Midlife Crisis bei Einzelnen (November 2003)
Von der Wellness-Farm zurück
such ich wieder mal mein Glück
on the road mit Nightlife pur.
Sowas brauch ich nach der Kur!

Heute ist ein Live-Event
zu dem wirklich jeder rennt.
Sponsored by ich-weiß-nicht-mehr.
Doch was anziehn? Das ist schwer.

Es muss fashionable sein,
oder fesch ganz allgemein.
Outlet-Shopping war ich schon:
die Klamotten sind der Lohn.

Leider sagt der Hairstylist,
dass mein Haar gespalten ist.
Doch, Conditioner sei Dank,
wirkt es überhaupt nicht krank.

Eye-Wear makes me look alright,
Brillen warn vor meiner Zeit.
Dazu Make-up das verführt,
dann läufts heute wie geschmiert.

Erst zur Show und dann ins Pub,
hoffentlich mach ich nicht schlapp.
Für die Wellness-Farm jedoch,
hab ich einen Gutschein noch!
Advent (Dezember 2003)
Muss man ganz besinnlich fluchen,
wenn man durch die Straßen rennt,
und ist beim Geschenke suchen,
dann ist wieder mal Advent.

Viele Lichter, viele Leute
scheinen sehr im Stress zu sein.
Und ganz sicher ist man heute
nirgends in der Stadt allein.

Lange Schlangen, volle Kassen
mit Musik im Hintergrund.
Wenige sind noch gelassen,
vielen wird es längst zu bunt.

Mit geschenkgefüllten Tüten
geht's am Krippenspiel vorbei,
wo sich selbst die Hirten hüten
vor Tumult und Drängelei.

Flucht nach vorn zum Bratwurst essen,
einen Glühwein braucht man auch.
Kalorienarm stattdessen
wäre besser für den Bauch.

Schließlich, ziemlich mitgenommen,
hat man Lohn von seinem Fleiß,
und der Weihnachtsmann kann kommen.
Aber bitte ganz in weiß.
© Axel Horndasch