Gedichte des Monats (2016)
Januar: Vor- und andere Sätze
Februar: Die Legende vom Gelände
März: Bayern-Rap
April: Das Haus von Klaus
Mai: Spring
Juni: EUreKa
Juli: Eine Insel
August: Der Sänger
September: Pura Vida
Oktober: Apfelzank
November: Friends
Dezember: Die Spülmaschine

Vor- und andere Sätze (Januar 2016)
„Ein Vorsatz ist kein Nebensatz”,
warfst du mir früher vor.
Im Gegensatz zu jenem Satz
bevorzugte mein Ohr:
„Du bist mein Schatz, kriegst einen Schmatz”.
Das kommt jetzt manchmal vor
und ist ein Satz heut fehl am Platz,
nimmst Du es mit Humor.
Die Legende vom Gelände (Februar 2016)
Die Legende vom Gelände war zu Ende auf einmal
und nicht mal das Areal war es, das ihm die Show nun stahl.
Das Gefilde, dieses wilde, war im Bilde, eher kurz,
der Distrikt war ungeschickt gleich umgeknickt, ein übler Sturz.

Und die Flur, obschon sehr stur, hielt weder Spur noch die Balance,
die Region wollt' immer schon auf diesen Thron doch keine Chance.
Der Bezirk, Nowitzkis Dirk und Captain Kirk warn Favorit,
doch sie bissen auf Granit wie das Gebiet. Mann, was geschieht?

Krasse Gegend

Hat das Grundstück auf dem Hunsrück Glück im Unglück und besteht?
Oder wird es wie das Land mit Sand am Strand vom Wind verweht?
Weltbewegend, furchterregend, tief bewegend war nur die
wirklich ziemlich krasse Gegend (imponierend irgendwie).
Bayern-Rap (März 2016)
Lahm lahmt,
Robben robbt,
sind die denn bescheuert?
Rode rodet,
Tom erstarkt,
Und Manuel? Er neuert!

Mario ergötzt sich,
aber Pep ist mit ihm streng.
Holger B. verletzt sich,
auch bei Boateng macht‘s Peng!

Bayern-Rap_2015-2016

Oh, das warn die Adduktoren,
haben die sich denn verschworen?
Es erwischt – nach Fallrückzieher –
auch noch Medhi Benatia.

Douglas Costa
fällt vom Laster,
kriegt vom Doc ein
Kopfsteinpflaster.

Alle sind sie krank.
Und sogar der Franck
Ribéry mit Rippenprellung,
Thomas Müller
hält die Stellung.

Bei Martínez
lief – so schien es –
gut
bis auch Javi
das Knie
verdreht,
was geht?
Zu spät.

Robert Lewandowski
(nicht gejagt von Klaus Borowski),
der kriegt schon so
von Alonso
viele Bälle
auf die Schnelle,
macht sie rein,
so muss es sein.

Uli Hoeneß reicht es.
Denn
Sven
Ulreich sagt, das Leben ist kein leichtes.

Ich bin ja
Rafinha
und ich bin ja raffiniert.
Wie Herr Kimmich
bin ich
jemand, der nicht gern verliert.

Thiago Alcántara
trinkt heut Tee in der Sahara.
Und da fragen sich jetzt viele,
wie geht’s denn dem Mann aus Chile,
der statt Tee was andres trank,
ist das der Punk
da auf der Bank?

(zur Melodie von Feliz Navidad)
Arturo Vidal
ist schnell wie der Schall,
macht manchmal Krawall,
Arturo Vidal.
(Ende Melodie von Feliz Navidad)

Wer ist jetzt noch da
außer dem Herrn Juan Bernat?
Naja der David Alaba,
Kingsley Coman aussi est là.

Serdar Taşçı
kommt mit Taxi,
denkt: „Die Chance,
Mann, ich pack sie
jetzt beim Schopfe,
bald schon klopfe
ich den Gegnern auf die Beine,
Bayerns Abwehr, ganz alleine.

Und dann gibt's den Sieg
in der Champions League.
Das Haus von Klaus (April 2016)
Das Haus von Klaus
sieht scheiße aus.

Das_Haus_von_Klaus

Und nebendran
baut jemand an.

Ein Protzeklotz
von Hotzenplotz.
Spring (Mai 2016)
There is a spring in my step,
and it is not only there.
I smell and feel and hear and see it
almost everywhere.

The birds are singing again
from somewhere up in the sky.
And there's the sun, he's got his hat on
(roasting Stephen J. Fry).

The air is fresh, a bit cool,
I put my hat on as well.
I feel quite handsome,
now I'm looking for a mademoiselle.

Walk_in_the_Park

I take a walk in the park
and spot a lady in red.
She's on her own, feeding the pigeons
and she's gorgeous (drop dead).

I ask her „How do you do
in this great time of the year?”
She says „You're right, it's lovely,
would you care for peanuts and beer?”

I can't believe what she said
and only stutter a ‘yes’.
She turns around and leads the way
in her spectacular dress.

Beneath a tree we sit down,
I get some peanuts and ale.
But love is blind and I am
missing an important detail.

The birdies don't seem so well,
one just fell out of a tree.
The girl's been poisoning the pigeons,
now she's gunning for me.

My head is sore, I feel sick
and now I see what I ate:
The nuts were coated well with
cyanide and used as a bait.

The girl is gone, so am I,
my corpse is left on the ground.
There's no more spring now in my step
and I'm eternity-bound.

Thanks to Stephen Jones for his editorial support
EUreKa (Juni 2016)
United States are not okay?
But “us” is not US!
“EU” is what we are, UK.
A union? Yes, I guess.

United, like your kingdom. Come,
remain with us for good.
Your Scots (with pipes and kilt and drum)
have lately said they would.

YEM_Logo
Image credits: Young European Movement

And we want you to be a part,
but mind you, not “apart”.
Together we'll be strong and smart
('cause Newton needs Descartes).

Not only you, but also Greece
should stay and carry on
enjoying life with us in peace.
I sound like Lennon (John).

And if you left? There would be tears,
your humour would be missed.
But not your devastating beers
we drink just to get pissed.

Thanks to Richard Webb for his editorial support
Eine Insel (Juli 2016)
Frei nach Eine Insel mit zwei Bergen
Eine Insel mit zwei Lagern,
eins will „IN” und eins will „OUT”.
Manchmal diskutiert man leise,
aber meistens eher laut.
Und jetzt haben sie entschieden,
man geht raus aus der EU.
Aber keiner scheint zufrieden,
es geht sehr chaotisch zu.

Eine_Insel

Eine Insel mit zwei Lagern,
eines arm und eines reich.
Keiner kauft in London Häuser
außer Oligarch und Scheich.
Unterstützung für die Schwachen
wird seit Jahren nur gekürzt.
Und die Bänker lässt man machen,
bis der Staat zusammenstürzt.

Eine Insel mit zwei Lagern,
die Elite und der Rest.
Deshalb muss man sich nicht wundern
über stürmischen Protest.
„Wer ist schuld?” ist nun die Frage,
Immigranten? Wie bigott!
Es sind die Eliteschüler
David Ce und Boris Jott!
Der Sänger (August 2016)
Der Sänger zeigt ein Doppelkinn,
neigt sich dabei zum Hörer hin
und der geneigte Hörer denkt:
„Warum der Mann sich so verrenkt?”
Nun: Des verrenkten Künstlers Lohn
ist schlicht ein äußerst tiefer Ton.
Was ihn noch kurz zuvor gestresst
hat er dann doch hervorgepresst.

Der_Saenger

Jetzt reckt der Sänger seinen Hals,
so dass die Eigenschaft des Schalls
sich ändert, er will hoch hinaus:
Falsett, fast wie im Opernhaus.
Und dabei steigt dem armen Tropf
die hohe Stimme schnell zu Kopf.
Ganz oben an der Töne Lauf,
reißt er den Mund (und Augen) auf.

Da plötzlich sind die Lippen spitz,
das Publikum springt aus dem Sitz
und sieht dem Virtuosen zu,
wie dessen Kinn erzittert: Uuuuuh!
Der Interpret posiert noch viel,
doch denkt man nach dem Mienenspiel:
Am besten sieht der Sänger aus,
verneigt er sich beim Schlussapplaus.
Pura Vida (September 2016)
Regen am Strand,
schwarzgrauer Sand,
vormittags hat noch
die Sonne gebrannt.

Wasser ist warm,
Wellenalarm,
zwischen den Spitzen
ein Pelikanschwarm.

Niederschlagskrach,
Löcher im Dach,
bei diesem Sturm
ist das WLAN nur schwach.

Regen vorbei,
Affengeschrei,
Weißgesichtmutter
hat Baby dabei.

Faultier hängt rum
und wär schön dumm,
machte es zwei oder
drei Finger krumm.

Pura_Vida

Mensch muss ins Meer,
beutelt ihn sehr,
Surfen scheint für ihn
ganz einfach zu schwer.

Zum kleinen Preis,
Bohnen mit Reis,
und hinterher
ein Batido mit Eis.

Fruchtmix mit Schaum,
Ananastraum,
Drachenfrucht, Mango,
Banane vom Baum.

Grade noch hell,
Abend kommt schnell,
dunkel, doch sternenklar,
sensationell.

Was für ein Staat,
ohne Soldat,
da stört dich auch nicht
die Kröte im Bad.
Apfelzank (Oktober 2016)
„Äpfel sind die beste Droge”,
sagte einst der Pomologe.
Gleich darauf sprach Jonathan:
„Auf die Sorte kommt es an!”

„Will man guten Apfelkuchen,
sollte man's mit mir versuchen”,
rief der Boskoop ziemlich rau,
Granny Smith stahl ihm die Schau:

„Boskoop, matte Back-Renette,
glänz mit mir mal um die Wette!
Willst du nicht? Weil du riskierst,
dass du chancenlos verlierst.”

„Liebe grüne, alte Dame,
was soll diese Stellungnahme?”
warf Pink Lady hierauf ein.
„Süß muss doch ein Apfel sein.”

Apfelzank

Oma Schmidt wurd' etwas sauer,
Cox Orange jedoch war schlauer:
„Rosa Frau, du solltest schaun,
dass du pink bist und nicht braun.

Ich bin rötlich, sehr sympathisch
und geschmacklich aromatisch.”
Es fiel Idared sehr schwer,
das zu hörn: „Was redet der?”

Und ein Äpfelchen (ein frisches)
meinte: „Golden und Delicious
bin nur ich, so leid's mir tut.”
Idared war rot vor Wut:

„Leute, viele Menschen laben
sich an uns und Ärzte haben
Angst, dass man schon bald vermehrt
einmal uns pro Tag verzehrt.

Aber, wenn wir dauernd streiten,
drohn uns Äpfeln schwere Zeiten,
denn das Unglück kommt oft schnell,
denkt doch nur an Wilhelm Tell.”
Friends
(November 2016)
My friends all vote for Bernie,
my friends don't vote for Trump,
my friends don't vote for Brexit,
my friends are in a slump.

My friends all grieve for Bowie,
for Cohen and Ali.
They share their pain
and Purple Rain
and Prince's death with me.

My friends write on my timeline,
my friends post funny bits,
my friends say „Happy Birthday”,
their comments show their wits.

My friends condemn all terror,
my friends condemn all hate,
my friends dislike pollution
and mourn the planet's fate.

My friends detest all Nazis,
my friends hate AfD.
And just a few
like CSU,
but more like SPD.

My friends stay out of trouble,
my friends are bourgeoisie,
my friends live in a bubble.
Hang on! I think that's me.
Die Spülmaschine (Dezember 2016)
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Die Spülmaschine steht herum
und sie nimmt keinem etwas krumm,
auch wenn sich niemand um sie schert
und sie nur selten jemand leert.

Schon eher wird sie voll gefüllt,
von manchen sogar vollgemüllt
mit Tasse, Teller, Nudelrest
und Kirschkern (der sie etwas stresst).

Spuelmaschine

Dann es gibt die, die permanent
Geschirr, Besteck total dezent
nur in der Nähe deponiern
und dadurch wenig Zeit verliern.

Es räumt schon irgendjemand ein
und schaltet ein noch obendrein.
Davor gibt's Pulver, nicht zu knapp,
gegebnenfalls 'nen bunten Tab.

Dann brummt die Kiste vor sich hin,
der Spülarm dreht sich (nennt man Spin),
das Wasser wird konstant gepumpt,
falls nicht der Dreck das Sieb verklumpt.

Doch wenn des Spülgangs Ende kommt,
leert sich die Küche ziemlich prompt.
Man fürchtet wohl Pandoras Box
und deren Leerung, paradox.

Die Büchse wird oft aus Versehn
geöffnet, doch man muss verstehn,
dass immer just gerade dann
nicht wirklich jemand helfen kann.

„Ich bin für's Meeting schon zu spät!”
„Ich muss auf's Klo, weil es mich bläht!”
„Die Teller sind noch viel zu heiß!”
„Ich spül per Hand, jetzt ohne Scheiß!”

So endet schließlich dies Gedicht
wie es begann, nur hilft es nicht.
Denn die Maschine nimmt nichts krumm,
steht einfach weiter brav herum.
© Axel Horndasch