Gedichte des Monats (2019)
Januar: Veggie-Wrap
Februar: Der Rücken
März: Oskar und das Hundeklo
April: RheinPoesie
Mai: Alles gut?
Juni: Knoblauchsland
Juli: Limericks aus Portugal
August: Seit ich dich kenne
September: Wieder nur vier Zeilen
Oktober: Teils gelogen
November: Adventsgemetzel
Dezember: Otto Waalkes

Veggie-Wrap (Januar 2019)
Helga (H) und Erna (E) im Zwiegespräch
H: „Hey Erna, machst Du mal 'n Veggie-Wrap?”
E: „Wer will denn so was?”
H: „Na der Typ da mit dem Baseball-Cap.”
E: „So ohne Wurst und ohne Schinken und womöglich ohne Ei?”
H: „Halt so 'n Veggie-Wrap aus unsrer schönen Bahnhofsbäckerei.”
Veggie-Wrap
E: „Ich selber ess ja
wirklich selten Fleisch
und auch mit Blick auf andre Fleischeslüste
bleib ich meist keusch.”
H: „Woran nur das wohl liegt?
Warum Enthaltung siegt?”
E: „Ja, ich weiß auch nicht, warum keiner von den
Kerls auf mich fliegt.”
H: „Ich esse gar kein Tier
und eines sag ich dir:
als Vegetarier gerätst du
auch mal schnell ins Visier.”
E: „Und isst du manchmal Fisch?”
H: „Kommt nicht auf meinen Tisch!”
E: „Dabei ist Fisch doch so gesund,
den gibt‘s bei Nordsee ganz frisch.”
H: „Ach Erna, mach jetzt mal den Veggie-Wrap!”
E: „Warum denn ich jetzt?”
H: „Weil ich schau mal kurz was auf WhatsApp.”
E: „Ok, dann mach ich was mit Gurke, Zwiebel, allerdings dazu
kommt nix vom Schwein, auch nix vom Huhn und und höchstens Milch von einer Kuh.”
H: „Bei mir steht auf dem Plan,
ich werde ganz vegan.
Jedweder Lederfummel
wirft mich momentan aus der Bahn.”
E: „Ich glaub, das könnt’ ich nicht,
so ein Totalverzicht.
Ein bisschen Käse
und Salami fällt doch kaum ins Gewicht.”
H: „Wenn nur die Gummibären
ohne Schwarte wären.”
E: „Was soll das denn heißen,
das musst du mir mal erklären.”
H: „Na, die regulären
bunten Gummibären
sind zum Teil aus Schweineschwarten,
aber keinen fairen.”
E: „Ach Helga, was kommt in den Veggie-Wrap?”
H: „Hast du‘s vergessen?”
E: „Ja, ich hab doch dieses Handycap.
Ich kann mir Sachen so schlecht merken und ’nen Wrap mach ich nicht oft.
Und dieser Typ mit Baseball-Cappy kam jetzt eher unverhofft.”
H: „Schneid mal Tomate auf
und tu auch Pilze drauf.”
E: „Das sind doch Lebewesen,
nimmst du da den Mord in Kauf?”
H: „Mann wovon reden wir,
ein Pilz ist doch kein Tier.”
E: „Aber ‘ne Pflanze ist es auch nicht
glaube ich (klick mal hier).”
H: „Das war mir noch nicht klar,
aber ich ess’ sogar
manchmal von Bienen Honig,
meinst du, das ist hinnehmbar?”
E: „Du meinst, ein Land verdrießt,
wo Milch und Honig fließt?
Man kriegt die meisten, auch Veganer,
wenn man Bier eingießt.”
H: „Mensch Erna, gibt‘s jetzt bald den Veggie-Wrap.”
E: „Der Typ mit Kappe ist inzwischen weg.
Na so ein Depp.
Der isst jetzt sicher Avocado-Sandwich gleich hier nebenan.”
H: „Obwohl man das ja ohne Schuldgefühle auch nicht essen kann.”
Prolog:
E: „Der Typ ist wieder da und will ’nen Wrap ganz ohne CO zwei.”
H: „Der soll die Luft anhalten, hier in unsrer Bahnhofsbäckerei!”
Der Rücken (Februar 2019)
Ein Rücken kann entzücken,
Ich zucke ganz entrückt.
Zum Glück aus freien Stücken
bin ich ruckzuck beglückt.

Ich muss auf Rücken gucken,
weil es – verrückt – mich juckt.
Fast muss ich mich verschlucken:
ein Rückgrat, wie gedruckt.

Ein Ruecken

Ein Rücken hat auch Lücken,
doch da ist er bestückt
mit Scheiben, die beim Bücken
der Druck zusammendrückt.

Sich bücken heißt sich ducken,
und wenn der Rücken muckt
beim Pflücken durch ein Rucken
hat mancher schon gespuckt.

Kein Buckel, keine Krücken,
kein Kropf macht mich bedrückt.
Mich stört nur, ist ein Rücken
mit Arschgeweih „geschmückt”.
Oskar und das Hundeklo (März 2019)
Vor circa einer Stunde so,
da suchte ich ein Hundeklo.
Nur leider gab‘s für mich vor Ort
dort keinen passenden Abort.

Es gab nur einen Wiesenrand,
die Freude, dass ich diesen fand,
war groß, genau wie mein Geschäft:
Gebückt, gedrückt – geschafft, gekläfft.

Oskar und das Hundeklo (Bild 1)

Mein Herrchen, ich war nicht allein,
packt immer eine Tüte ein
und hatte sie zum Glück parat
für meinen braunen Wurstsalat.

So war ich nach der Runde froh,
dass ich, auch ohne Hundeklo,
mit meinem Stuhlgang fertig war
und alles sauber blieb sogar.

Oskar und das Hundeklo (Bild 1)

Dass dies den Menschen wichtig ist
(die stört ja schon, wenn man mal pisst),
kann man bei jedem Gassigehn
auf wirklich tollen Schildern sehn.

Die Menschen stellen diese auf
und schreiben „Hund, nicht kacken!” drauf
(nur manchmal anders ausgedrückt,
mitunter nicht so ganz geglückt).

Oskar und das Hundeklo (Bild 2)

Es ist ja nun im Grunde so:
Fast nirgends gibt’s ein Hundeklo.
Ihr Menschen: Regelt das doch mal!
(Als Hund ist mir das scheißegal.)
RheinPoesie (April 2019)
Ein Dickhäuter klagte in Düsseldorf:
„Hey Tierpfleger, ich habe Rüsselschorf!
Ich brauch gute Pflege
in meinem Gehege,
sonst fühl ich mich unwohl in Düsseldorf.”

RheinPoesie

Der Tierpfleger aus Mönchengladbach
sprach: „Mein Job ist, dass ich dich satt mach.
Der Schorf von dem Rüssel
fällt bald in die Düssel,
da braucht's keine Pflege aus Gladbach.”

Da ging unser Grautier nach Kölle.
„Die Zeit auf der Kö war die Hölle,
nur Reiche und Schöne,
stattdessen gewöhne
ich mich an die Domstadt zu Kölle.”

Ein Zirkusdirektor aus Bonn,
der fragte: „Was hast du davon
in Köln hier zu sein?
Komm mit mir hoch den Rhein,
es ist sehr viel entspannter in Bonn.”

Das Rüsseltier – Heimat Nairobi –
sprach: „Ach, da gibt's höchstens 'nen OBI.
Doch als Elefant,
fühl ich fremd mich im Land
hier am Rhein, ich geh heim nach Nairobi.”
Alles gut? (Mai 2019)
Was heutzutage man auch tut,
man zollt der Floskel oft Tribut.
Gibt's da ein Beispiel? Absolut:
Man sagt andauernd „alles gut”.

Man kocht und putzt, kauft schnell was ein,
wäscht Wäsche, bügelt sie noch fein,
bringt alles kaum unter 'nen Hut.
Und trotzdem sagt man „alles gut”.

Ein Kind am Spielplatz, Sprung zu kurz,
fällt vom Gerüst, ein übler Sturz,
die Wunde klafft, das Knie voll Blut.
Kind hört vom Vater: „Alles gut?”

Ein Zeltplatz, kleine Feuersbrunst,
das Stockbrot-Backen, hohe Kunst.
Das Brot fällt mehrmals in die Glut,
man isst es trotzdem: „Alles gut!”.

Man geht zum Arzt, wird kontrolliert,
das Leid wird diagnostiziert.
Ob chronisch oder auch akut,
ist halb so schlimm, „wird alles gut”.

Beziehung nervt, andauernd Streit,
man will sich trennen, es wird Zeit,
doch im Gespräch verfliegt der Mut:
„Gibt's ein Problem?”, „Nein, alles gut.”

Man geht zur Arbeit, plagt sich ab,
macht Überstunden nicht zu knapp.
Dann nur Kritik, man platzt vor Wut,
der Chef jedoch hört „alles gut”.

Kaum jemand allerdings vergisst,
dass selten „alles gut” nur ist.
Wer die zwei Worte hört, der weiß,
sehr oft ist alles auch ein Scheiß.
Knoblauchsland (Juni 2019)
Oh Knoblauchsland, Du riechst so gut,
besonders früh am Morgen.
Und wenn man eine Reise tut
zu dir, vertreibt das Sorgen.

Knoblauchsland

Ich weiß auch, dass du lecker schmeckst,
dass Kohl und Lauch hier sprießen.
Und dass hier auch der Spargel wächst,
find' nicht nur ich zum Schießen.

In Klein- und Groß- und Schnepfenreuth,
in Tennen-, Bis- und Lohe
und Höfles wohnen Bauersleut
und allseits lebensfrohe.

Sie lieben dich, so wie auch ich,
du Land der vielen Knollen.
So sehr, dass alle eigentlich
dich nicht verlassen wollen.

Und geh' ich doch mal fort von dir,
bleibst du am Ende Sieger.
Denn schließlich land' ich wieder hier
bei dir (mit einem Flieger).
Limericks aus Portugal (Juli 2019)
Die Hauptstadt von Portugal? Lissabon!
Des is doch nix Neues, des wiss ma schon.
Und isst man Salat da?
Nein, Pastel de Nata,
das isst man dort (nicht nur in Lissabon).

Vila_do_Conde

Ich ging mal in Vila do Conde
spazieren, mit mir eine blonde
Begleitung, und guckte
auf die Aquädukte,
sehr malerisch, Vila do Conde.

Ein Dichter schrieb über Coimbra:
„Es ist wirklich keineswegs schlimm da:
Die Uni ist nett
und das Zentrum adrett,
leider reimt sich fast nichts auf Coimbra.”

Ein Schriftsteller kam einst nach Braga
und schrieb eine epische Saga.
„Ich wünschte sie wär
noch dazu legendär”,
sprach er über die Saga aus Braga.

Ein Skatspieler reizte in Faro
sehr hoch, spielte aber nur Karo.
Die Gegner war'n leider
sehr schnell aus dem Schneider.
Verlor'n, überreizt und in Faro.

Ein Briefträger tat sich in Porto
sehr schwer mit Grammatik und Ortho-
graphie und so blieb er
allein. Niemals schrieb er
'nen Brief (aber sparte viel Porto).
Seit ich dich kenne (August 2019)
Nach einer fast wahren Geschichte (PDF mit Text und Noten)
(Refrain)
Seit ich dich kenne
hab' ich meistens Klopapier.
Seit ich dich kenne
trink' ich manchmal Weizenbier.
Seit ich dich kenne,
spüle ich fast täglich ab
Seit ich dich kenne
hältst Du mich voll auf Trab.
Seit ich dich kenne
saug' ich immer öfter Staub.
Seit ich dich kenne
mach' ich mit dir Cluburlaub.
Seit ich dich kenne
schreibe ich ein Liebeslied,
obwohl ich unlängst
dieses Genre noch mied.
(Refrain Ende)

Von_der_Rolle

Wir essen Sushi statt Döner
und leben gesund.
Mir scheint, du wirst immer schöner,
ich werd' leider nur rund.
Wir kaufen tolle Klamotten,
mitunter für mich.
Du hast fast keine Marotten,
deshalb schwärm' ich für dich.

Refrain

Wir hören Christina Stürmer
bei Aperol Spritz.
Im harten Kampf gegen Würmer
putz' im Klo ich den Sitz.
Und wenn ich mich brav rasiere,
zumal im Gesicht,
weiß ich, dass ich profitiere,
kratzig magst du es nicht.

Refrain

Ich habe Freunde, die sagen,
ich wär' ganz verrückt
nur wegen dir und sie fragen,
ob mich nicht was bedrückt.
Doch was soll mich schon bedrücken,
wenn ich bei dir bin.
Mein Ziel ist, dich zu beglücken,
du bist mein Hauptgewinn. 

(Bridge)
Am Abend gehe ich zur Ruh'
und schließe meine Äuglein zu,
kurz später träum' ich schließlich noch
von meinem Einkaufszettel und was ich dann mittags für Dich koch'.
(Bridge Ende)

Refrain
Wieder nur vier Zeilen (September 2019)
Um es mit Erhardt (Heinz) zu sagen:
Vier Zeilen sind gar nicht so leicht.
Gerade wenn an manchen Tagen
die Lust nicht mal zu zweien reicht.
Teils gelogen (Oktober 2019)
Ich sage gern ganz ehrlich:
„Ganz ehrlich” sag' ich gern.
Und mein' ich das ganz ehrlich?
Nein, nein, das läg' mir fern.

Lange_Nase

Nur sagt man „teils gelogen”
im Alltag eher nicht.
Weil's, auch wenn's ehrlich wäre,
mit Konventionen bricht.

Vielleicht fragt ihr jetzt „Ernsthaft?”
„Ja, ja, echt ohne Scheiß,
ganz sicher, ungelogen,
fürwahr und schwarz auf weiß!”

Denn, lasst uns offen sprechen:
die Floskel macht uns Mut.
Am Ende wird – ganz ehrlich –
auch wieder „alles gut”.
Adventsgemetzel (November 2019)
Oh Kuchen, leb! Weil du verdirbst
den Tag dir, wenn du einfach stirbst.
Mit Glühwein, Kaffee kommt dein Tod,
dein Schicksal teilt das Russisch Brot.

Adventsgemetzel

Und wem man noch das Leben nimmt?
Dem Stern aus Mandeln, Mehl und Zimt.
Verschlungen ist dein Leidensweg.
Ach, wenn ich's recht mir überleg',
mach ich dich mürbe mit Genuss,
wie schon den Spekulatius.

Bei Plätzchen kenn ich kein Pardon,
nicht für Makronen von Macron,
Und meiner Lüste Gipfel ist,
wenn man Vanille-Kipferl frisst.

Wird so ein Spitzbub plötzlich frech,
vernichte ich ein ganzes Blech.
Dass ich den Teig für Spritzgebäck
mir von den Fingerspitzen leck
will ich nicht leugnen, ich werd' hart
ist die Versuchung butterzart.

Epilog:
Falls es euch nicht gefallen hat,
was ich hier schrieb auf dieses Blatt,
dann trampelt ruhig auf mir herum –
nicht mal mit Stoll'n bringt mich das um.
Otto Waalkes (Dezember 2019)
O tto Walkes aus Ostfriesland
T ritt gern auf. Was niemand mies fand:
T recker fahr'n mit Milz und Föhn,
O h, hat er die Haare schön.

W ild Zink und verlog'ne Dänen,
A berglaube führt zu Tränen.
A ußer Friesisch kann er mehr noch,
L ive auf Bayrisch reizt ihn sehr. Doch
K riegt Karl Soost den Führerschein?
E rst muss
S usi Sorglos sein!
© Axel Horndasch